Nordirland, welches aus sechs der neun Grafschaften der Provinz Ulster besteht, gehört als einziger Teil der irischen Insel zum Vereinigten Königreich. Im Zuge der Neubesiedlung durch die britische Krone im 16. Jahrhundert hielt eine neue Bevölkerungsgruppe, die zudem eine andere Glaubensrichtung vertrat, Einzug auf der irischen Insel. Dies gilt heute gemeinhin als Ursprung jenes Konfliktes, welcher von den Iren oft salopp als "The Troubles" bezeichnet wird und das Land bis zur Jahrtausendwende erschütterte. Auch wenn die paramilitärischen Körperschaften beider Seiten offiziell die Waffen niedergelgt haben, so existieren auch heute noch Hass und Misstrauen zwischen jenen Bevölkerungsgruppen, was sich auf nahezu alle Lebensbereiche auswirken kann.
Kinder beiderlei Lager haben im Greenhill YMCA in Newcastle daher die Möglichkeit, fernab der Troubles, die Natur und einander besser kennen zu lernen. Sie dabei anzuleiten und zu unterstützen, wird während der nächsten 13 Monate zu meinen Aufgaben gehören.

Freitag, 15. Juli 2011

12. Juli in Belfast



Die vergangene Woche war bei ganzen 6(!) freien Tagen zumindest arbeitstechnisch recht unspektakulär. Jedoch habe ich meine gewonnene Freizeit für einen kleinen, ja man kann es schon fast "Kurzurlaub" nennen, genutzt. Nachdem ich am Freitag meinen Arbeitstag um 12:30 beenden konnte, machte ich mich auf den Weg nach Belfast, um mit Clara und einigen Gästen ihren Geburtstag zu zelebrieren. Tags darauf ging es dann für eine Strandparty und eine Art Projektbesuch in die Camphill Community Glencraig außerhalb von Belfast.


Dort verbrachte ich zwei sehr entspannte Tage mit Tani und Maga bevor es dann am Montagabend zurück nach Belfast ging. Nun ist die Nacht vom 11. auf den 12. Juli in Nordirland keine ganz gewöhnlich Nacht, wie einige vielleicht schon wissen. In jener Nacht werden von den nordirischen Loyalisten - Protestanten -  gewaltige Scheiterhaufen errichtet und entflammt und es finden auf dem gesamten Belfaster Stadtgebiet zumeist sehr weinseelige Feiern statt. Die Straßenschlachten mit angrenzenden katholischen - republikanischen - Vierteln gehören quasi zum guten Ton, blieben bei dem Bonfire das Steffi, Tobias' Mitbewohnerin, und ich besuchten aber glücklicherweise aus. Es ist schon recht beeindruckend ein Feuer dieser Größenordnung mitten in der Stadt zu erleben.
Die Hitze ist enorm, so enorm, das nahestehende Häuser teilweise Gefahr laufen sich zu entzünden. Völlig unverständlich ist auch das demonatrative Verbrennen der irischen Fahne, die ungeachtet dessen nur wenige hundert Meter weiter stolz über Gartenzäunen weht.

Der historische Hintergrund ist der Folgende: William of Orange, Duke of Normandie and King of England setzte in der Nacht vom 11. auf den 12. Juli 1690 mit einer großen Streitmacht nach Irland über, um sich am nächsten Tag dem katholischen Gegenkönig James II. in der Schlacht am Fluss Boyne zu stellen. Damit Williams Schiffe sicher durch den Belfast Lough navigieren konnten, entzündete man in den Hügeln von Antrim und Down beiderseits des Lough Signalfeuer - die heutigen Bonfires. William of Orange trug in besagter Schlacht Tags drauf den Sieg davon, eine Tatsache, die den Katholiken seit jenen Tagen jedes Jahr am 12. Juli in Form des sg. "Orange Marches" unter die Nase gerieben wird.
Jene Parade sahen wir uns am nächsten Tag dann auch noch an, sie stellte sich jedoch als unendlich langweilig heraus und so verließ ich Belfast noch bevor die diesjährigen Ausschreitungen richtig begannen gegen Mittag in Richtung Greenhill. 
Am Mittwoch hatte ich eine einzelne Session und konnte mich danach ganz den letzten Vorbereitungen für die seit nunmehr zwei Wochen geplante Überraschungs-Abschiedsparty für Clara und Melissa und irgendwie auch Tobi machen. Für die Einladungen habe ich mir den Slogan "It all Ends 7.15.", mit dem hierzulande der letzte Harry Potter Film beworben wurde, ausgewählt, da das Datum mit dem Abflugdatum Melissas und Claras übereinstimmte. Es wurde dann quasi Jurtenparty 2.0  - ein netter geselliger Abend mit einer Winzigkeit an Tanz, den denke ich alle beteiligten genießen konnten.
Beim Aufräumen am nächsten Morgen bin ich dann unverhofft auf diesen Kerl und vier Kumpane gestoßen, die die temporäre Ruhe vor dem Summercampzelt dazu nutzten, herumliegende Chips vom Boden zu fressen - selbst für Greenhill ein ungewohnter Anblick.

 


Besagten Film haben wir uns dann heute Nacht um 0:20 im Kino angeschaut und damit Claras Geburtstagsgeschenk eingelöst, bevor ich heute Morgen dann die Mädels mit ihren Bergen an Gepäck quasi in den Bus nach Dublin gesetzt habe.
Die Reihen der EIRENIES in Nordirland lichten sich jetzt immer rascher - doch nicht für lang. Ende des Monats fängt bereits eine neue Generation von Freiwilligen an ihren Dienst zu tun. Und dann ist da auch noch das Rückkehrerseminar in  neun Tagen...

Samstag, 2. Juli 2011

Juck Nei!

WARNUNG! An alle, die diesen neuen Blogeintrag lesen wollen: Seit dem Verfassen des letzten ist derart viel passiert, was hier Erwähnug finden soll, dass ich vorschlage, ihr sagt alle Termine für die nächste Woche ab und organisiert euch ein Fußbad!


Ihr habt euch nicht abschrecken lassen? Nungut; chronologisch.
Michael ist nun wieder daheim und Anne sowiso. Zwei denkwürdige, bierseelige Abschiedspartys der gesamten Belegschaft- nahezu keine Chance vollständig auszunüchtern - Michaels endete gar mit einem mitternächtlichen Bad im Death Pool. Die Lücke die unsere beiden deutschen Mitfreiwilligen hinterlassen haben, wird wohl bis Anfang August nicht gestopft werden, jedoch gibt es trotzdem einige neue Gesichter in Greenhill. Megans Sklaven, die Summercamp-Freiwilligen sind eingetroffen. Da sind Vicky, Rebecca und Christy - glaube ich - aus Nordirland; Michael und Adelka aus Tschechien; Katka aus der Slovakei und Louis aus Neuseeland. Alle sammt sehr nett und dem Kickboxtraining nicht abgeneigt. Speziell letzterer scheint sehr in Ordnung zu sein.
Louis, Corbin und ich haben - wie auch schon in der Woche Hamish - die schöne bayrische Tradition des "Gumpen Jucken" nach Nordirland exportiert. Mit überwältigendem Erfolg, wie ich betonen möchte: Alle meine Gäste zwischen dem letzten und diesem Blogeintrag (und es waren nicht wenige) waren vom "Jucken" begeistert. Nun ist es wohl einmal angebracht den Begriff  für alle Nicht-Bayern zu erklären. Eine Gumpe - das ist ein Bassin in einem rasch fließenden Gebirgsbach, die tief genug ist, dass man auch aus großer Höhe hinein springen kann. Das ist dann das Jucken, welches mit dem Ausruf "Juck Nei!" eingeleitet werden sollte. Nun fragt ihr euch sicherlich schon, wer denn blöd genug war, diesen Wahnsinn mitzumachen. Zuerst einmal waren da Magareta und ihre Freundin Tani, die beide in einer Camphill Community in Belfast arbeiten und leben. Die Beiden kamen an einem ihrer freien Tage nach Greenhill und verbrachten diesen beim Bouldering und Klippenspringen.


Tani begleitete mich dann am 24. zum lang ersehnten Laura Marling Konzert nach Belfast. Tickets hatte ich eigentlich für den Gig in Dublin, jedoch sprangen alle Interessenten in letzter Minute ab und so organisierte ich Tickets für Belfast - nicht wissend das es sich um ein Open-Air Konzert handelte. Nasse Angelegenheit, doch das nur am Rande.





Die weiteren zwei Irren waren Tobi und Miriel - deren Dienstzeit Dienstag ebenfalls beendet ist. Um zu erklären, was diese zwei nach Greenhill trieb, muss ich ein wenig weiter ausholen: Eines Morgens nach dem täglichen Morningmeeting kam unsere Sekretärin Briege recht aufgelöst auf mich zu und erzählte mir, dass sie einem Belfaster Schulleiter für seine Deutschklasse drei Deutsche Instructors in Aussicht gestellt und dabei völlig vergessen habe, das Michael und Anne ja nicht mehr da seien. Sie bat mich daraufhin mich doch bei meinen deutschen Freunden in Nordirland einmal umzuhören, ob nicht jemand gewillt sei, ein oder zwei Sessions simultan zu übersetzen. Tobi und Miriel erfüllten diese Aufgabe nur allzu gerne.
Dieses doch recht ungewöhnliche Anliegen einer unserer Besuchergruppen war im Übrigen nur der Anfang für eine ganze Reihe - ähm - interessanter Gruppen, die wir in letzter Zeit in Greenhill beherbergten: Zum Einen gab es eine Gruppe von Jugendlichen Straftätern, die sich dann auch tatsächlich des Nächtens aufs übelste betranken und verprügelten, zum Anderen war da eine Gruppe jugendlicher Transsexueller, die ob ihrer gerade vollendeten Geschlechtsumwandlungen keine Klettergurte tragen durften. Ihrer Disziplin wegen einfach zu bespaßen war eine Gruppe 13-16-jähriger Kadetten der Royal Navi. Aufregend!

In der letzten Woche war Greenhill dann auch noch einer von zwei Bewerbern um die Finanzierung eines neuen Tartan-Belags für unseren Sportplatz beim britischen TV-Sender UTV. Die Show heißt "The peoples millions" und es geht darum sich vermittels eines Telefonvotings gegen einen direkten Konkurenten durchzusetzen - nur einer bekommt am Ende worum man sich bewarb. So hieß es am letzten Montag also für all jene die nicht auf Session waren sich auf die Straße zu stellen von Tür zu Tür zu ziehen und Flyer zu verteilen oder jedwede andere Art Leute zum Anrufen zu bewegen. Gereicht hat es leider nicht - die Belfaster Schule gegen die wir antraten hat, nicht zuletzt eines sehr süßen TV-Werbespots wegen, gegen uns den Triumph davon getragen. Das Geld zur Erneuerung des Platzes bekommen wir dennoch, da der Zweitplatzierte aller Votings dieses Jahres eine Scheck über 60.000GBP erhält. Übergabe war gestern.

In den letzten Wochen habe ich es auch endlich einmal geschafft zum Intertuesday zu gehen, jenem Treffen vieler Internationaler Freiwilliger und Studenten, dass jeden Dienstag in einem Belfaster Pub stattfindet.
Es ist eine echt nette Runde und ich habe beschlossen dort nun jeden Dienstag dabei zu sein. So fuhren mit mir am letzten Dienstag dann auch Kate, Corbin und Lea in Leas Lovebus nach Belfast. Wir freuen uns schon aufs nächste Mal.

Wo wir schon beim nächsten Mal sind; der nächste Blogeintrag wird kürzer, versprochen. Viel kürzer gar, wenn ich endlich völlig leergetrunken bin.


Die kleine juckenden roten Punkte auf meinem Arm sind alles was eines der Wohl heimtückischsten Wesen auf Gottes Erden nach seinem Angriff hinterlässt. Es handelt sich natürlich um die sg. Midge, ein Insekt einer Mücke nicht unähnlich - jedoch kleiner und gemeiner. Wenn irgendwer gute Ratschläge zu bieten hat, was man gegen diese kleinen Blutsauger unternehmen kann - nur heraus damit!

Follower